Keine Solisten
Ich war heute abend wieder in der Musikhochschule. Es gab eine 'Nacht der Schulmusik', gestaltet durch Studierende des betreffenden Studiengangs. Alles war dementsprechend etwas legerer und weniger akademisch. Jeans und Jeans statt dunklem Anzug und Abendkleid. Was mich überraschte, war, dass drei Vokalensembles auftraten, die ihre Arbeit recht gut machten. Man sah den (jungen) Gesichtern nicht weniger als den Körpern an, dass es noch einmal etwas anderes war, ganz ohne die stützende Begleitung eines Instruments auf der Bühne zu agieren. Noch dazu war der Raum (Kammerkonzertsaal) recht intim, der weiteste Abstand zu den Zuschauern mochte zehn Meter gewesen sein. Andererseits macht gerade das auch die Faszination aus. Man konnte sehen (oder zumindest ahnen), wie die jungen Männer und Frauen darum kämpfen mussten, nicht nur ihre Stimmen nach vorne zu tragen, sondern in gewisser Weise auch ein Stück ihrer Selbst einsetzen zu müssen - mehr jedenfalls, so kam es mir vor, als das 'normalerweise' auf einer großen, anonymen Bühne der Fall ist. Nicht allen gelang das gleich gut. Manche wirkten ausdruckslos und steif. Aber in der dritten Gruppe war eine junge Frau, schmal und zierlich, mit dunklem Haar und - vielleicht - einer französischen Physiognomie. Sie hatte einen schönen Sopran und vor allem: sie hatte ein gewisses Feuer und eine anmutige (obwohl ganz zurückhaltende) Körpersprache, die beide zusammen, da bin ich mir sicher, bewirkten, dass sie ihre Stimme und ihren Gesang gleichsam ein ganzes Stück weit nach vorne trugen. Das war schön zu sehen. Und auch zu hören. Bei früheren Besuchen ist mir eine solche Häufung von Vokalensembles nie aufgefallen. Ich habe mir gedacht, dass vielleicht auch gerade die Lehramtskandidaten mehr als früher Gemeinschaft, Solidarität, aber auch Absicherung in der Gruppe suchen. Es gab kaum Solisten. Ist dagegen etwas einzuwenden? |