Ich glaube, der Tod von John Updike, dem großen amerikanischen Romancier, hat mich betroffen gemacht wie zuvor nur der von Heinrich Böll (in dessen Stadt ich immerhin lebe, an dessen Geburtshaus ich fast jeden Tag vorbei komme und in dessen Cottage auf Achill Island/Irland ('Irisches Tagebuch') ich zwei Monate lang zu Gast war.
Updike's Hasenherz (im Original 'Rabbit, Run'), der erste Band der berühmten Tetralogie, 1960 erschienen, geriet mir Anfang der 80er Jahre in die Finger. Ich hatte mein Studium beendet (nicht abgeschlossen, aber beendet) und beschlossen, es mit dem Schreiben zu versuchen. Updike's Held Harry Angstrom, ein ehemaliger Basketballstar, versucht sich nach dem Ende seiner Sportkarriere durch das alltägliche Amerika der späten 50er Jahre zu schlagen.
Der interessierte Leser wird sein Schicksal auch in den nächsten vierzig Jahren verfolgen - bis zu seinem Tod. Für mich war der erste Band vor allem sprachlich stets der herausragende und ein literarisches Erlebnis, weil Updike zeigte, was ein wahrer Meister an Form vorgeben und dann auch behaupten kann, sofern er in der Lage ist, die Geschichte und die Figuren mit Leben zu erfüllen. In meinen Augen war es Updike's Mut, der mir imponierte: einen Unterschicht-Versager in eine solche Geschichte, mit einer dichten, poetischen, genauen, spannenden und wunderbar lesbaren Sprache zu schicken - das war Weltliteratur und ist es geblieben, weil er uns - ohne jede Eitelkeit - zeigt, was wir nicht gesehen haben und uns damit reicher macht.
Rabbits Zusammensein mit der Gelegenheitsnutte Ruth (die später sein Kind haben wird) ist für mich eine der schönsten, dichtesten und erotischsten Beschreibungen der Weltliteratur. Man kommt sich als Autor ganz klein vor, wenn man es wieder liest - und zugleich findet man einen Maßstab, nach dem man sich bis ans Ende aller Tage strecken kann.
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